

Eine reißerische Überschrift? Leider nein, für viele Paare ist dies zur dramatischen Wahrheit geworden. Gleich in meinem zweiten Artikel über den Faktor Zeit bei Kinderwunsch, hatte ich diese Thematik kurz angekratzt und versprochen darauf mal noch genauer einzugehen. Kann der Kinderwunsch eine Geldmaschine sein? Darf das überhaupt sein?
Was hat Geld mit dem Kinderwunsch zu tun?
Leider hat Geld sehr viel damit zu tun. Gleich zu Anfang ist das Thema mit im Bunde. Unsere persönlichen Faktoren, wie Alter, Verheiratet oder nicht, liegt ein medizinischer Grund vor, spielen eine Rolle, wie viel Geld wir investieren müssen. Es ist auch wichtig, dass sowohl das Sperma, als auch die Eizellen von den Ehepartnern kommen. Bei Samenspende gibt es keine Kostenübernahme und Eizellspende ist ohnehin in Deutschland verboten. Auch spielt die Versicherung eine Rolle, gerade bei gemischt Versicherten, sprich privat und gesetzlich kann es zu Deckungslücken kommen.
Welche Rolle spielt die Krankenkasse?
Weil gerade die private Krankenversicherung nach der Verursacher Methodik abrechnet, ist dies dann ausschlaggebend für die Kostenübernahme. Nehmen wir mal an: die Frau ist privat versichert, der Mann gesetzlich versichert. Er leidet an Azoospermie (keine Spermien im Ejakulat). Dann ist alles was an ihm durchgeführt wird, z.B. TESE (Entnahme der Spermien aus den Hoden) bei den meisten gesetzlichen Krankenversicherungen abgesichert. Die Frau muss jedoch ebenso vorbereitet werden, denn man kann schlecht die Spermien aus der TESE einfach “einführen”. Die Frau benötigt eine IVF oder ICSI, und diese wird an ihr durchgeführt und nicht mehr am Mann. Da sie aber körperlich gesund ist, erfolgt keine Kostenübernahme der privaten Krankenversicherung.
Wäre es im gleichen Beispiel andersrum, dass der Mann privat versichert ist, dann würde seine private Krankenversicherung für die gesamte Behandlung aufkommen, da er der Verursacher ist. Wenn man Glück hat, dann schafft man über die Kulanz der Versicherung einiges abzurechen. Das gilt sowohl für die gesetzliche als auch für die private Krankenversicherung, sprich die Versicherung bezahlt obwohl kein Rechtsanspruch besteht. Diesen Weg würde ich immer, ganz freundlich versuchen.
Aber auch wie viele Versuche Du schon hattest spielt in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Rolle. Es wird offiziell angegeben, dass man 8 mal eine Insemination ohne Hormonbehandlung durchführen kann. Clomifen darf dabei angewendet werden, keine Gonadotropine. 3 Versuche mit Insemination mit Hormonbehandlung. 3 Versuche mit IVF/ICSI insgesamt. Ab dann bezahlen gesetzlich Versicherte 100% statt 50%. An die 8 Behandlungen ohne Hormone können sich die 3 mit Hormone anschließen und daran dann nochmals 3 IVF oder ICSI (nicht jeweils 3), dann hat man alle offiziell möglichen Zuschüsse der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschöpft. Bei der Privaten muss man das immer individuell abklären, da gibt es keine allgemein gültige Regel.
Einige Krankenkassen haben endlich erkannt wie wichtig dieses Thema ist, und bieten freiwillig mehr Leistungen diesbezüglich an. Zum Beispiel Kostenübernahme zu 50% bei einem 4. IVF/ICSI Versuch, oder 75% Kostenübernahme usw. Erkundige Dich vorab bei Deiner Krankenkasse.
Sobald Du irgendeine Form von assistierender Leistung in Anspruch nimmst, bedeutet dies automatisch Kosten für Euch.
Woher kommt das Geld für die Versuche?
Und hier spielt das liebe Geld schon wieder eine Rolle. Nämlich woher kommt es? Und das spielt sowohl eine Rolle bei den Kosten von 50%, egal ob für eine Insemination oder IVF, und ganz sicher bei den zusätzlich möglichen medizinischen Möglichkeiten wie Kryokonservierung oder Assisted Hatching. Diese beiden medizinischen Möglichkeiten übernimmt die Kasse nie. Ebenso sind Medikamente, die zwar wirksam, jedoch eine andere Zulassung haben, also off-label benutzt werden, meist selbst zu zahlen z.b. Utrogest oder Estradiol.
Deswegen kreisen irgendwann automatisch die Gedanken um das Geld und ob es für die nächste Behandlung reichen wird. Dann fängt man vielleicht an jeden Cent zweimal umzudrehen, leistet sich kaum mehr was. Man fühlt sich selbst nur noch als Geldmaschine, denn das sparen auf den nächsten Versuch ist das einzige Ziel.
Achte gut darauf, dass Ihr an dieser Geldspirale nicht zerbrecht und Eure Beziehung riskiert.
Womit verdienen Kinderwunschzentren ihr Geld?
Eine gute Frage, aber darf man diese überhaupt stellen? Ich sage ja, das darf man. Kinderwunschzentren verdienen durch die Kinderwunschbehandlungen ihr Geld. Das ist eine Tatsache und weder schlecht noch gut. Ein Herzzentrum verdient sein Geld mit Herzpatienten, ein Orthopädiezentrum verdient sein Geld mit Patienten die Knochenprobleme haben. Es ist ihr Job und damit bestreiten sie ihren Lebensunterhalt und den ihrer Familien. Nur weil es hierbei um ein ganz sensibles Thema geht, kann man es nicht gratis anbieten. Auch die anderen medizinischen Bereiche sind nicht billig.
Du kannst genauso gut ein Kosmetikstudio oder Restaurant zum Vergleich hernehmen. Das teuerste Studio oder das teuerste Restaurante ist nicht automatisch das Beste. Genauso ist im Umkehrschluss das günstigste nicht gleich das schlechteste Studio oder das schlechteste Restaurante. Der Preis ist nicht ausschlaggebend für die Qualität.
Was jedoch einen großen Unterschied macht ist die Atmosphäre in der Praxis, der persönliche Kontakt und zu guter letzt tatsächlich die Qualität des Arztes. Ein Arzt ist ebenso “nur” ein Mensch, auch wenn wir uns manchmal Wunder von ihnen Wünschen. Es gibt Ärzte die sind super engagiert, bilden sich weiter, gehen auf einen ein und haben schlussendlich einfach das richtige Gespür, und anderen fehlt dies leider.
Warum kosten die Behandlungen nicht Deutschlandweit gleich viel, nicht mal regional?
Deutschlandweit hat es natürlich was mit der Praxis zu tun, wo sie liegt. Man benötigt sehr gut geschultes und viel Personal, ebenso gute Gerätschaften. Auch die Räume müssen angemietet oder gekauft werden. Und diese Preise schwanken Deutschlandweit sehr stark.
Warum ist es regional auch sehr unterschiedlich? Auch hier fällt es uns leichter wenn wir uns ein anderes Berufsfeld als Beispiel auswählen. Nehmen wir den Zahnarzt. Warum schafft es der eine Zahnarzt eine Zuzahlung von 25,-€ für eine Kompositfüllung im Backenzahn zu berechnen und der andere für exakt das gleiche 80,-€? Es ist schlicht eine größere Gewinnspanne oder schlechte Kalkulation. Oder nimm Dein Auto, wenn Dein Zahnriemen getauscht werden muss, dann vergleichst Du eventuell auch verschiedene Werkstätten. Dabei stellst Du dann fest, dass Deine vor Ort 300,-€ mehr verlangt, als die 30 min entfernte, trotz gleicher Ersatzteile. Warum? Größere Gewinnspanne oder schlechte Kalkulation.
Inwieweit sich die eventuell größere Gewinnspanne, auch mit mehr und besserem Service für Dich rechnet, das muss man sich individuell anschauen. Und genau das solltest Du auch bei Deiner Kinderwunschklinik tun.
Vorschau auf Teil 2:
Das waren sehr viele Anregungen, die es Wert sind, mal überdacht zu werden, oder? Nimm Dir Zeit für Dich und Deinen Partner und sprecht gemeinsam darüber. Gerne könnt Ihr Euch auch einen Film darüber ansehen, den ich Euch unten dazu verlinke. Nächste Woche geht es dann mit Teil 2 weiter, darin werden folgende Fragen gestellt:
Warum bieten nicht alle die gleichen Leistungen an? Warum klären nicht alle Kliniken über weniger invasive oder teure Möglichkeiten auf? Warum nutzen nicht alle Kliniken diese Möglichkeiten? Bin ich noch Mensch oder nur eine Einnahmequelle? Laufen unsere Erstgespräche immer zu schnell ab, und wird nicht genug auf das große Ganze geschaut? Darf ein Arzt mir sagen, wann es genug ist? Darf Geld den Kinderwunsch beenden? Macht es Sinn mir alternative Unterstützung zu holen?
Alles Liebe
Tanja