

Was für eine reißerische Überschrift, und doch leider so war.
Noch nie mussten sich Mamas so einem extremen Vergleich stellen als zur heutigen Zeit. Es sind nicht mehr nur die Verwandten oder Freunde die ihre Meinung zur jeweiligen Erziehung äußern. Auch Bekannte und Nachbarn fühlten sich schon früher immer mal wieder dazu berufen uns zu korrigieren. Das alles findet auf persönlicher Ebene statt und meist in einem normalen Rahmen.
Doch nun kommt das Internet ins Spiel. Es gibt unzählige Gruppen für Mamas und Papas. Es gibt ganz „normale“ Elterngruppen und dann gibt es noch Gruppen die sich auf ein Gebiet spezialisiert haben, wie z.B. bedürfnisorientiert, Attachement Parenting, Beziehung statt Erziehung, gewaltfreie Kommunikation, unerzogen, freie Kindheit usw.
Einigen von Euch reicht es vielleicht schon, meinen Artikel bis hierher gelesen zu haben, um zu erahnen worauf ich nun komme. Und ja, ich möchte diesen unglaublich aggressiven, oftmals gemeinen und in meinen Augen schon unsozialen Umgang in manchen Gruppen ansprechen. Natürlich steht dahinter niemals das Ziel der Gruppe, oder auch die Administratoren sind damit nicht einverstanden, aber wie sollen sie denn alles lesen bei größeren Gruppen? Und sollte dies wirklich ihre Aufgabe sein? Mamas daran erinnern, wie sie sich andern Mamas gegenüber verhalten sollen?
Ich glaube nicht!
Stellt Euch folgende Situation vor: Ihr seid an einem warmen Herbsttag auf dem Spielplatz, alle Kinder sind gerade am Spielen, es ist friedlich, keine Streits in Sicht. Dann beginnt es zu tröpfeln, jeder wartet noch ein bisschen ab, was das Wetter macht. Verziehen sich die Wolken? Leider nein, die Wolken bleien, es wird dunkler und fängt richtig zu regnen an. Es packen die Mamas schnell alles zusammen und verlassen den Spielplatz. Alle? Nein, eine Mama kniet bei ihrem Kleinkind und redet mit ihm. Seine Hose ist inzwischen schon nass vom Rutschen und vom Robben im Sand… Der kleine Mann versteht nicht, warum er denn jetzt gehen sollte, hier macht es doch Spaß. Er rennt also noch einmal los zur Rutsche, klettert hoch und rutscht runter. Seine Mama spricht wieder mit ihm, er möchte jedoch erneut loslaufen. Seine Mama nimmt ihn nun auf den Arm und trägt ihn schreiend davon. Er strampelt und zappelt und schreit was er kann. Denn er will jetzt rutschen, der Regen macht ihm gar nichts aus. Seine Mama setzt ihn gerade schreiend ins Auto. Du konntest die ganze Situation beobachten. Was tust Du jetzt? Gehst Du zu ihr hin, und sagst ihr, dass sie eine schlechte Mutter ist, da sie das Bedürfnis ihres Kindes ignoriert? Oder sagst du ihr, dass du die Polizei informieren wirst, da es sich hierbei ganz klar um körperliche Gewalt handelt, sie hält ihn gegen seinen Willen fest? Oder sagst du ihr, dass du das Jugendamt informierst, da es sich hierbei um psychische Gewalt handelt, da es gegen seinen Willen geschieht?
Was sagst Du?
In den meisten Fällen wird hier niemand irgendetwas zu dieser Mama sagen. Auf Facebook sieht das schon ganz anders aus. Hier ist sie definitiv eine schlechte Mama! Wie kann sie es nur wagen ein Kleinkind schreiend und zappelnd davon zu tragen? Was glaubt sie wer sie ist? Da muss man das Jugendamt, Polizei auf jedenfall informieren. Wer so etwas tut, ist noch zu ganz anderen Dingen fähig… So jemand hat von bedürfnisorientiert, AP, GfK usw. noch nie etwas gehört. Es müsste einen Elternführerschein geben… Die Liste lässt sich nun beliebig fortführen, denn an Kommentaren mangelt es solchen Geschichten meist nie.
Und wo nehmen die Geschichten ihren Anfang?
Meist in dem Einleitend geschrieben wird:
– Oh Gott, wie hätte ich mich hier verhalten sollen, ich habe einfach nichts gesagt.
– Stellt Euch nur vor was ich beobachten musste, das geht ja gar nicht!
– Könnt Ihr Euch sowas vorstellen?
– Ich bin so betroffen, ich habe folgendes gesehen…
Leider findet man solche Posts nur zu oft in den Gruppen, die eigentlich für etwas anderes stehen. Ich finde das sehr traurig, denn meiner Meinung nach, haben die meisten die so etwas schreiben, selbst nicht verstanden um was es dabei geht. Die Situation wird dabei völlig einseitig beleuchtet und die Mama an den Pranger gestellt. Mamas die es nun wagen die Situation anders zu sehen, werden auch noch gleich in die Abteilung „Schlechte Mama“ dazu gepackt.
Sehen wir uns die Situation doch mal an: Der Kleine durfte noch solange spielen bis bereits die Hose nass war – da es an einem warmen Herbsttag war, hatte auch niemand eine Matschhose dabei. Seine Mama war bei ihm und hat mit ihm gesprochen, vermutlich hat sie ihm erklärt dass er jetzt nass ist und er noch einmal rutschen kann, dann aber müssen sie ins Auto gehen – er ist gerutscht, wollte aber noch mehr, was bei einem Kleinkind auch verständlich ist. Ja, seine Mama hat ihn dann genommen und ist gegangen – sie hat ihn weder angeschrien, noch geschlagen, noch hinterhergeschleift, noch alleine stehen gelassen, sondern ist nur ruhig mit ihm zum Auto. Aber das will keiner hören, es hat nur jeder seine perfekte Situation, der Matschhose oder Ersatzkleidung im Auto, was soll schon passieren, es ist nur Wasser usw. Denkt mal jemand daran, dass er vllt. schon ausgekühlt war, vllt. erst eine Erkältung hatte? Oder vielleicht hatten die beiden anschließend einfach einen Termin und mussten wirklich los? Nein, daran denkt niemand.
Würdest Du wollen, dass Dein Kind später einmal solch einen Post von Dir liest? Lassen sich solch ein Post und bedürfnisorientiert, AP, GfK etc. miteinander vereinbaren? Ich finde nicht. Es sollte nicht der Fehler gemacht werden und bedürfnisorientiert mit grenzenlos oder laissez-faire verwechselt werden. Jedes Kind und jeder Mensch hat seine persönlichen Grenzen und zumindest diese sollten von anderen Menschen respektiert und geachtet werden. Dazu gehört auch ein respektvoller Umgang. Und laissez-faire bedeutet nichts anderes als tu was du willst, es interessiert mich nicht.
Ich wünsche mir für das Jahr 2017, dass jede Mama ein bisschen mehr Herz und Verständnis für andere Mamas aufbringt. Wir sollten uns gegenseitig unterstützen und uns nicht zerfleischen.
Alles Liebe
Tanja