

Ein Geschwisterkind? Daran dachten wir während den ersten Behandlungen überhaupt nicht mehr. Was waren wir erleichtert, als endlich unser Wunschkind gesund in unseren Armen lag. Wie viel glücklicher waren wir, als wir das erste Jahr geschafft hatten und unser Kind immer noch gesund und munter bei uns war. Vor allem ich hatte damals sehr viele Ängste, die ich erstmal überwinden musste, um unser Kind in seiner Entwicklung nicht zu behindern. Hier kannst Du dieses Thema über Ängste und Sorgen nochmal nachlesen, wenn Du möchtest.
Und dann kam bei uns beiden so langsam der Wunsch nach einem Geschwisterkind.
Gründe für ein Geschwisterkind?
Wir beide wollten dass unser Kind immer jemanden zum spielen hat, jemanden auf seiner Augenhöhe. Wir wollten dass jemand da ist, mit dem er viele Abenteuer erleben kann. Wir wollten ihm eine eigene Bullerbü Kindheit mit Geschwistern ermöglichen. Das war schon immer unser beider Traum, der ganz klar feststand. Wir hatten uns nie mit einem Kind gesehen.
Unsere Gedanken zur Behandlung waren: “Die Behandlung hatte beim ersten Kind auch geklappt, also können wir diesen Weg bis zum Ziel wieder gehen. Und sollte es nicht klappen, haben wir schließlich unseren kleinen Mann.” Natürlich wären wir traurig gewesen wenn es nicht so gewesen wäre, jedoch stand diesmal nicht ein ganzes “Lebensplan” auf der Kippe. Deswegen konnte ich persönlich etwas entspannter in die ganze Behandlung gehen. Und wenn man ganz ehrlich ist, dann lässt man den Gedanken des “nicht klappens” in dem Moment schlicht nicht zu.
Was sind Deine persönlichen Gründe für ein weiteres Kind? Welche Gründe hat Dein Partner?
Gründe gegen das Geschwisterkind?
Für uns persönlich gab es keinen Grund gegen ein Geschwisterkind. Natürlich war der Weg zur ersten Schwangerschaft steinig und anstrengend, aber wir hatten es geschafft, deswegen war für uns eine nochmalige Behandlung in Ordnung. Die Schwangerschaft an sich war auch nicht optimal, aber für diesen Fall hatten wir uns schon überlegt, wer zum helfen kommen könnte, falls ich wieder soviel liege. Und unser Sohn war gesund zur Welt gekommen. So war bei uns alles klar und wir starteten nochmals.
Bei anderen ist der Weg jedoch nicht so klar. Und genau dafür sollte man Verständnis aufbringen!
Welche Gründe hast Du dagegen? Welche hat Dein Partner dagegen?
Warum ist ein Geschwisterkind nicht möglich?
Es ist möglich dass ein Paar bereits ein Kind hatte, bevor ein medizinischer Fall eingetreten ist, der ein Geschwisterkind unmöglich gemacht hatte. Eine Erkrankung zum Beispiel, wie Hodenkrebs oder MS oder auch ein Unfall.
Aber genauso ist es möglich, dass eine weitere Kinderwunschbehandlung nicht erfolgreich ist.
Es gibt auch Fälle, da ging es nie um eine Kinderwunschbehandlung, sondern aufgrund des Kindes wurde die Entscheidung gegen ein Geschwisterkind getroffen, z.B. weil es schwer krank geboren wurde.
Ebenso ist es möglich, dass es bei der Geburt zu Komplikationen kam wie einer Uterusruptur, und die Frau sich deswegen gegen eine erneute Schwangerschaft entscheidet.
Dies alles ist nicht gewollt oder gewünscht, es ist einfach passiert. Das ist nun die jetzige Wahrheit und Tatsachengrundlage. Und allein aufgrund dessen kannst Du nun Deine Entscheidungen mit Deinem Partner gemeinsam treffen. Für ein weiteres Kind oder dagegen, oder Dir wurde die Entscheidung bereits komplett abgenommen.
Reaktionen der Umwelt?
“Sei nicht traurig, Du hast doch schon ein Kind.” “Zwei Kinder reichen doch!” “Ein Einzelkind ist doch auch schön, ist viel weniger anstrengend.”
Helfen Dir diese Reaktionen? Nein, und im Grunde wissen das die meisten sicherlich, wenn sie es hier lesen. Aber oftmals ist unsere Umwelt schlicht überfordert. Und anstatt ein simples : “Das tut mir leid.” zu sagen, verstricken sie sich in vermeintlich gute Ratschläge oder Floskeln.
Was leider genauso oft vorkommt ist die andere Seite, dass sie nichts von einem weiteren Kinderwunsch wissen und Vorurteile von sich geben. “Sie denkt ja nur an die Arbeit, deswegen nur 1 Kind.” “Mit einem Kind, kannst Du gar nicht mitreden, das läuft ja nebenbei.”
Leider verletzen auch diese Reaktionen und Vorurteile.
Nicht jeder hat sich ausgesucht ob und wie viele Kinder er hat. Wir sollten bei uns selbst anfangen, nicht in Vorurteilen zu denken. Wir wünschen uns dies auch von anderen. Und nicht jeder mit einem Kind, hatte das so geplant. Und nicht jeder ohne Kind, hat das bewusst so entschieden. Manches wird für uns entschieden und manches müssen wir aus Vernunft so entscheiden. Für andere sind wir “die Umwelt” und sollten unsere eigenen Reaktionen gut überdenken.
Meine eigenen Bedürfnisse und die meines Partners und meiner Familie?
Wenn eine Schwangerschaft von vornherein ausgeschlossen ist, weil es nicht mehr möglich ist. Dann ist dies eine endgültige Tatsache an die man sich leider gewöhnen sollte und irgendwann auch seinen Frieden damit schließen sollten. Dabei hast Du nichts bewusst entschieden. Dieser Weg ist sicherlich nicht leicht, und wenn man den Weg nicht alleine oder mit Hilfe des Partners schafft, dann hole Dir professionelle Hilfe. Das ist keine Schande, es tut gut wenn Du Dir alles von der Seele sprichst, ohne eine Wertung zu erhalten.
Anders liegt die Sache, wenn eine Schwangerschaft durchaus möglich wäre, aber die Risiken extrem hoch. Wenn zum Beispiel bereits eine Uterusruptur stattgefunden hatte, oder man bei MS die Medikamente über Monate absetzen müsste. Dies alles birgt Risiken. Und ob man als Familie bereit ist, diese zu tragen, ist keine leichte Entscheidung.
Warum möchte ich ein weiteres Kind? Warum möchte mein Mann ein weiteres Kind? Warum ist es gut ein weiteres Kind zu haben? Welche gesundheitlichen Risiken birgt ein weiteres Kind, eine weitere Schwangerschaft? Kann ich mir eine weitere Kinderwunschbehandlung überhaupt leisten? Auf was muss dadurch die ganze Familie verzichten? Überlebe ich das? Riskiere ich meine Gesundheit? Riskiere ich die Gesundheit meines Kindes?
Dies und noch einiges mehr, sind Fragen auf die Du vielleicht eine Antwort finden musst.
Wenn der Verstand ein klares “Nein, wir können kein weiteres Kind bekommen” als Entscheidung gefällt hat, dann hat das unser Herz deswegen noch lange nicht erfasst.
Darf ich traurig sein?
Ja, das darfst Du. Ich glaube ganz fest daran, dass jeder tief in sich drinnen spürt ob er noch Kinder möchte oder nicht. Es ist ein Gefühl, eine Sehnsucht nach einem weiteren Kind da oder eben nicht da. Wenn die Sehnsucht da ist, Du die Sehnsucht jedoch aus den vorangegangenen Gründen nicht erfüllen kannst, dann entsteht eine Leere.
Du hast einen Wunsch und musst diesen Wunsch loslassen. Du musst Dich von Deinem Wunsch verabschieden. Und dieser Abschied löst Traurigkeit aus.
Warum ist Trauer so wichtig?
Trauer ist wichtig um einen Verlust zu verarbeiten. Mit der Trauer nehmen wir Abschied davon. Trauer sollte man zulassen. Ich spreche nicht davon, dass man nur noch daran denkt, völlig für sich ist und irgendwann depressiv wird. Ich spreche von gesunder Trauer, zur Bewältigung und zum Abschied nehmen. Wenn Dir dies sehr schwer fällt, dann habe keine Angst und hole Dir Unterstützung.
Du hast ein Recht darauf Trauer zu empfinden, wenn Du Deinen Folgekinderwunsch verabschieden musst. Und auch Dein Partner hat ein Recht darauf zu trauern.
Abschied nehmen
Erst nachdem man richtig Trauer empfunden hat und diese Traurigkeit auch wirklich zugelassen, gefühlt und angenommen hat, ist man bereit dazu Abschied zu nehmen. Wenn Du dann wirklich mit Deinem Herzen Abschied nehmen konntest und diesen Wunsch loslassen konntest, dann wirst Du Dich wieder frei fühlen.
Erlaube es Dir, nach dem Abschied glücklich zu sein!
Dieser Punkt ist ganz wichtig. Jeder Mensch hat ein Recht darauf glücklich zu sein! Überlegt Euch, was jeden einzelnen von Euch glücklich macht? Dich, Deinen Partner, Euer Kind oder Eure Kinder. Jeder einzelne zählt, und jeder einzelne kann sich nur selbst glücklich machen indem er sagt, was ihn glücklich macht. Besinnt Euch auf alles Gute was Ihr habt und nicht auf das Schlechte. Überlegt was Ihr noch alles erleben wollt. Und dann startet wieder glücklich in Euer Leben!
Wie geht es Dir bei diesem Artikel? Ist es stimmig für Dich, oder bist Du einen anderen Weg gegangen?
Alles Liebe
Tanja