

Social Freezing schwappt aus den USA zu uns über. 2014 erlangte es mehr mediale Aufmerksamkeit, da u.a. Apple und Google in ihren Leistungskatalog die Kosten dafür aufnahmen. Und das ist nicht gerade wenig, in den USA kann das durchaus ab 10.000 $ kosten, dazu kommen natürlich noch die jährlichen Kosten für die Aufbewahrung der Eizellen. Ob man auch tatsächlich mit nur einer Behandlung auf die empfohlenen 15 Eizellen kommt, die mindestens eingefroren werden sollten um eine gute realistische Chance zu bekommen, ist auch nicht sicher. Mitunter müsste dafür eine weitere Behandlung, mit denselben Kosten durchgeführt werden.
Was ist Social Freezing?
Grundsätzlich ist der Grundgedanke des Freezing nicht falsch. Man versteht darunter die Kryokonservierung. Nachdem die Frau entsprechend mit Hormonen behandelt wurde, entnimmt man mehrere Eizellen und verwendet einige sofort bei einer IVF oder ICSI und andere konserviert man durch einfrieren für eine spätere, eventuell nötige Weiterbehandlung. Dies hat den Vorteil für die Frau, dass sie nicht für jede IVF/ICSI die Hormonbehandlung und Eizellentnahme nochmal machen lassen muss und die übriggebliebenen Eizellen einer Behandlung nicht umsonst sind.
Ebenso bei Krebspatientinnen kann es durchaus eine sinnvolle Maßnahme zur Absicherung sein. Und dafür wurde es auch bisher voranging empfohlen.
In den USA wurde das jedoch umgewandelt. Es wurde dem Freezing das Social vorne dran gesetzt, und das bedeutet: Eine gesunde Frau, lässt sich ohne medizinische Indikation, ihre Eizellen entnehmen und einfrieren für einen möglichen späteren Kinderwunsch. Es wurden und werden richtige Parties veranstaltet und auch ein Kredit hierfür, ist in den USA kein Problem. Soweit sind wir in Deutschland, meines Wissens noch nicht. Aber der Trend nimmt messbar zu. Laut Statista lagen 2012 nur 22 Fälle des Social Freezing vor, dies steigerte sich 2013 zu 300 Fällen und 2014 auf 750 Fälle. Neuere Zahlen konnte ich nicht finden, wer welche entdeckt, schreibt mir bitte. Aber die Tendenz ist erschreckend.
Bei Social Freezing geht es also gar nicht um die Methode, sondern um den eigentlichen Grund. Es ist ein sozialer Grund, aus dem Frauen, den Kinderwunsch nach hinten verlegen möchten. Am meisten wird dabei angegeben, dass die Frauen noch keinen passenden Vater/Partner gefunden haben/gesucht haben. Auch das Thema Karriere stellt hier einen wichtigen Punkt dar, jedoch weniger als direkten Hauptpunkt, sondern eher als Nebenprodukt. Lange Studienzeiten, guter Job, gesicherte Lebensgrundlage, dies erfordert Zeit. Zeit, die einem beim späteren Kinderwunsch definitiv fehlt.
Es besteht noch immer der Glaube, dass die Fruchtbarkeit der Frau ab 40 sinkt, dies stimmt jedoch nicht. Bereits ab 25 Jahren nimmt die Fruchtbarkeit der Frau ab. Angegeben wird als bestes gebärfähiges Alter: 19-24 Jahre. Aber wer bekommt da bereits ein Kind? Tatsächlich liegt der Schnitt bei 29 Jahren. Und er steigt weiter. Um dann seine Chancen später zu erhöhen oder abzusichern, dafür steht das Social Freezing.
Wie funktioniert Social Freezing?
Social Freezing funktioniert im Grunde ganz genauso, wie eine Hormonstimulierende Therapie zur Vorbereitung einer IVF/ICSI. Nach eingehenden Untersuchungen bekommt die Frau Hormone, die auf die Eierstöcke wirken und nicht nur eine Eizelle sondern überdurchschnittlich viele reifen lassen soll. Wenn die Hormoneinnahme abgeschlossen ist, wird der Frau unter Narkose, über die Vagina, die Eizellen entnommen. Nun müssen die Eizellen eingefroren werden. Da unbefruchtete Eizellen jedoch sehr viel instabiler in ihrer Struktur sind als befruchtete, hat man dazu ein spezielles Verfahren entwickelt. Die Vitrifikation, gilt seit 2012 als gesichert. Dabei werden die entnommenen Eizellen in einer speziellen Lösung transportiert, es wird ihnen Wasser entzogen und dann schnellstmöglich, in flüssigem Stickstoff bei einer Temperatur von minus 196 Grad eingefroren. So wird verhindert, dass sich Eiskristalle in der Eizelle bilden, und diese dadurch zerstört wird.
Später wenn dann der Fall eines unerfüllten Kinderwunsches auftreten sollte, kann man die Eizelle auftauen und mit einer IVF/ICSI die Frau weiterbehandeln. Die Erfolgschancen dafür gelten dann für das Alter der entnommenen Eizellen und nicht dem jetzigen tatsächlichen Alter der Frau.
Hat sich eine Frau mit 30 Eizellen entnehmen lassen, und lässt sich diese mit 45 Jahren einsetzen, dann hat sie die gleichen Chancen wie eine 3-jährige. Zumindest in der Theorie.
Oftmals interessieren sich jedoch Frauen ab 35 Jahren erst für dieses Thema, und in diesem Alter ist die Qualität der Eizellen bereits stark gesunken. Laut Bundesgesundheitsbl. 2013; 56:1633-1641: Die Wahrscheinlichkeit, im ersten Zyklus OHNE medizinische Unterstützung eine Schwangerschaft zu erlangen, liegt bei der 25-jährigen Frau bei durchschnittlich 23% und bei einer 35-jährigen Frau bei 16%.
Was kostet Social Freezing?
In Deutschland kostete es 2014 ca. 3000 €, je nach Kinderwunschzentrum. Diese Preise sind jedoch inzwischen auch gestiegen und sie beginnen jetzt bei ca. 3.500€. Warum beginnen die Preise hier? Empfohlen werden 15 Eizellen, damit hat man eine ca. 80% Chance. Um diese Anzahl an Eizellen zu bekommen, kann es möglich sein sehr viel an Wirkstoff spritzen zu müssen oder eben auch die Behandlung mehrmals durchführen zu müssen. Und deswegen kann es auch ganz schnell in einen 10.000 € Bereich übergehen. Es ist schlicht, von Frau zu Frau unterschiedlich. Empfehlungen bei der Eizellmenge können darunter und darüber liegen, das ist je nach Kinderwunschzentrum unterschiedlich, auch das empfohlene Alter bei der Entnahme. Hierfür gibt es (noch) keine allgemeinen Richtlinien.
Dazu kommen die jährlichen Gebühren für die Eizelllagerung ca. 300 €, diese variieren natürlich je nach Kooperationspartner.
Und auch die spätere mögliche Inanspruchnahme der eingefrorenen Eizellen bereitet dann nochmals Kosten, in Form von einer IVF/ICIS Behandlung. Und auch diese muss u.U. mehrmals durchgeführt werden.
Welche Erfolgschancen hat Social Freezing?
Und hier scheiden sich die Geister… Es wird angegeben, dass hier mit sehr langjährigen und erprobten Verfahren gearbeitet wird, und dementsprechend die Erfolgschancen als gesichert gelten wie bei den Kryobehandlungen. Laut dem deutschen IVF Register, waren es im Jahr 2014 insgesamt 21.010 Kryotransfere die stattgefunden hatten. Davon führten 5180 zu einer Schwangerschaft, dies sind 24,7%. Zu einer Geburt führten 3527, dies sind 68,1 %. Dies sind jedoch die Zahlen für alle Frauen unabhängig vom Alter.
Sieht man sich die Zahlen im Verhältnis zum Alter an, dann sieht es leider ganz anders aus: Sowohl bei dem Erfolg einer IVF und einer ICSI geht es vom Alter bis 29 zu zwischen 30 -34 nur 2-3% auseinander. Bei 35-39 Jahren verliert man nochmals 6% der Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft und so sinkt es stetig, bis man bei 44 Jahren nur noch eine 4,3% bzw. 8% Schwangerschaftswahrscheinlichkeit hat.
Aber genau diesem Zusammenhang soll man ja mit dieser Methode entgehen. Und wenn man sich die Zahlen ansieht, dann hat man mit bis zu 29 Jahren die besten Erfolgschancen.
Welche möglichen Nachteile gibt es bei Social Freezing?
In dem kurzen Film, den ich Dir unten verlinke, kannst Du sehen, dass eine Medizinerin gar nichts davon hält, denn man kann die Langzeitwirkungen nicht abschätzen. Und auch ich persönlich bin der Meinung, dass genau hier der Nachteil liegt.
Das Risiko für die Frauen, hält sich in Grenzen, denn es sind die gleichen erprobten Verfahren, wie auch bei einer künstlichen Befruchtung. Natürlich muss immer eine gründliche Untersuchung und individuelle Beratung und Betreuung stattfinden.
Das Risiko für den Embryo und auch das Kind kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgeschätzt werden. Nur die bisherigen Erfahrungen im Zusammenhang mit den bisherigen künstlichen Befruchtungen können als Vergleich herangezogen werden. Hier sind noch keinerlei Folgeschäden, aufgrund der Behandlung, für das Kind bekannt.
Was es hier jedoch zu beachten gilt ist, dass es insgesamt sehr neue Verfahren sind. 1999 gelang die Vitrifikation erstmals erfolgreich am Menschen und seit 2012 ist die Methodik etabliert. Es gab jedoch noch keinen einzigen Fall, indem eine Frau sich mit 25 Jahren Eizellen hat entnehmen lassen und mit 45 Jahren diese aufbereitet wurden und es durch eine IVF/ICSI zu einer Schwangerschaft kam. Dies ist bisher nur eine Annahme, dass es so funktionieren sollte. Wissen tun wir es nicht. Es ist nicht klar, welche möglichen Schäden es geben kann. Für die Aufbewahrungszeit muss intrazellulares Wasser entzogen werden, hat dies Nachteile bei einer langen Aufbewahrungszeit? Ebenso wissen wir nicht welche Auswirkungen eine lange Aufbewahrungszeit, durch die Verwendung von Frostschutzmittel haben kann.
Wir wissen auch nicht, ob sich tatsächlich die ganzen Risikofaktoren einer späten Schwangerschaft für die Frau und auch für das Kind, hiermit wirklich ausschließen lassen oder zumindest minimiert werden können. Es sind viele variablen, die wir noch nicht kennen.
Fazit?
Es kann als eine medizinische Lösung bei Krebspatientinnen oder auch bei Patientinnen die besondere Risikofaktoren in sich tragen eine gute Möglichkeit sein. Jedoch ist dann gerade hier der Preis eine große Ungerechtigkeit.
Als Lifestyleprodukt finde ich persönlich, sollte es nicht genutzt werden. Wir alle sollten uns lieber Fragen ob unser jetziges Leben und die aktuellen Lebensplanungen wirklich in einem gesunden Verhältnis zu unserem eigentlichen und biologischen Leben stehen, und ob nicht lieber wir uns wieder der Natur annähern sollten?
Was ist Deine Meinung dazu? Würdest Du es in Betracht ziehen oder lehnst Du es grundsätzlich ab?
Alles Liebe
Quellen:
https://www.seracell-freezing.de/high-end-kryobanking/
http://www.deutsches-ivf-register.de/jahrbuch-archiv.php
http://www.wirtschafts-news.org/news/article/-f2d669418d.html
http://www.wissensschau.de/reproduktionsmedizin/social_freezing_kryokonservierung.php
http://www.pharma-zeitung.de/die-entwicklung-des-social-freezing.7625.php
Eine gute Videozusammenfassung: