

Wer ist für Dein Glück verantwortlich? Ist das eine schwierige oder eine einfache Frage für Dich? Als ersten Impuls wirst Du vielleicht sagen, na klar das bin ich selbst. Es gibt ja genügend Sprüche dafür, egal ob auf Glückwunschkarten, Kalender oder Bildern. Dort findet man zum Beispiel Sätze wie: “Jeder ist seines Glückes Schmied.”, “Glücklich sein, kann man nicht delegieren.”, “Glück und Zufriedenheit, kannst Du nur in Dir selbst finden.”
Diese Aufzählung könnte ich unendlich weiterführen. Im Grunde sagen diese Sätze alle das Gleiche, Du allein bist für Dein Glück verantwortlich.
Wer ist für Dein Glück verantwortlich?
Vor ca. 3 Monaten hätte ich dies auch absolut so unterschrieben. Ja, ich bin der Meinung, dass jeder für sein Glück selbst verantwortlich ist. Dann hatte ich eine Unterhaltung mit einer guten Bekannten und dies hat mir dann klar gemacht, dass ich es innerlich nicht wirklich so sehe. Warum?
Wir hatten uns über die Probleme beim Kinderwunsch unterhalten und wie unterschiedlich Paare damit umgehen. Sie sagte mir dann, dass natürlich oftmals auch unterdrückte alte Probleme gerade dann auftauchen und es einem Partner eventuell alles zuviel werden könnte. Dann müsste man es eben sein lassen, wenn es einem nicht gut geht damit. Schließlich hat jeder das Recht glücklich zu sein. Explizit war die Unterhaltung dabei mehr auf die Männer gerichtet, wenn ihnen das “auf Kommando” zuviel wird.
Puh, da war ich wirklich erst einmal platt. Und ich habe ganz ehrlich und emotional geantwortet, obwohl bei uns der Kinderwunsch abgeschlossen ist, dass ich das so nicht sehe. Ja, jeder ist für sein Glück selbst verantwortlich, ABER so eine Entscheidung darf ein Mann nicht alleine treffen. Denn es hängt natürlich mein Glück mit dran. Ein Kind entsteht nicht alleine, dazu braucht es naturgemäß zwei, also ist der Mann für mein Glück in diesem Punkt mitverantwortlich und er hat nicht das Recht mich unglücklich zu machen.
Kann jemand anderes für Dein Glück verantwortlich sein?
Du siehst schon, da hängt eine ziemliche Komplexität dahinter. Kann wirklich jemand anderes für mich verantwortlich sein? Wir hatten uns eine ganze Weile darüber unterhalten und sie hat mir Ihre Standpunkte dargelegt. Diesen wollte und konnte ich auch gar nicht widersprechen, ABER dies sollte alles beim Kinderwunsch nicht gelten.
Und genau hierin lag das Dilemma.
Ein weiterer schwieriger Punkt beim Kinderwunsch
In jedem anderen Bereich konnte ich vom Verstand und vom Herzen ganz klar sagen: “Ja, das ist meine Verantwortung. Bin ich nicht glücklich, dann liegt es an mir, Wege zu finden die Situation zu ändern.” Egal ob es dabei um zwischenmenschliche Beziehungen geht oder den beruflichen Werdegang, ich kann in all diesen Situationen aktiv etwas ändern. Ganz klar, das wird nicht immer ein leichter Weg sein. Auch dass Du vielleicht emotionale Unterstützung von Seiten Deiner Familie oder Freunden brauchst, ist genauso möglich, wenn man vor einem Berg steht, denn es zu überwinden gilt. Aber wenn man es dann geschafft hat, ist man unglaublich stolz und auch das Glück stellt sich wieder ein.
Aber genau diese Vorgehensweise klappt beim Kinderwunsch eben nicht. Oder was meinst Du dazu? Glaubst Du man kann den Kinderwunschweg genauso angehen? Anfangs würde ich sagen: Ja, kann man. Denn es gilt am Anfang etwas zu tun, aktiv zu sein. Man benötigt Arzttermine, man muss manchmal hartnäckig sein, man benötigt verschiedene Untersuchungen und und und. Ist man dann endlich bei einem genauen Behandlungsplan angelangt, dann gibt es für Dich, als Frau, auch noch ganz aktiv einiges zu tun. Hormoneinnahmen, in Form von Tabletten oder Spritzen, Ultraschallüberwachung und letztendlich das OK zum auslösen und die klare Aufgabe für die nächsten 48 Stunden. Es kann natürlich auch eine ganz andere Behandlung anstehen, wie Insemination oder IVF, dann wird es noch “unpersönlicher” und mehr “medizinischer”.
Jetzt endet Dein aktiv sein…
Ab jetzt liegt das “Glück” nicht mehr alleine in Deinen Händen, jetzt brauchst Du Deinen Partner. Was ist, wenn Dein Partner sagt: “Ich kann das so nicht.”, “Ich will das so nicht.”?
Wie reagierst Du?
Meine erste impulsive Reaktion habe ich Dir oben schon geschildert. “Ja, aber…” war meine Antwort. Ich habe in den vergangenen Monaten darüber nachgedacht und auch noch mit anderen Freunden und Betroffenen gesprochen. Im Grunde waren die Meinungen tatsächlich in Zwei Lager einzuteilen, die Nicht-Betroffenen haben ganz klar gesagt, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist, die Betroffenen jedoch, haben wie ich reagiert: Ja, ABER…
Man kann Glück nicht auf Unglück aufbauen
Denkt man ganz rational darüber nach und fühlt sich in den Partner hinein, dann muss man leider zugeben, dass es keine “Ja, aber…” Antwort gibt. Man kann nicht sein Glück auf das Unglück eines anderen aufbauen. Sprich in unseren Fällen, können wir nicht das Glück eines eigenen Kindes genießen, wenn wir es auf dem Unglück unseres Partners aufgebaut haben. Im schlimmsten Fall, hast Du Deine Beziehung zerstört, bist selbst emotional weit über Deine Grenzen gegangen, hast einen anderen geliebten Menschen verletzt und das Glück eines eigenen Kindes blieb Dir vielleicht auch noch verwehrt. Keine schöne Vorstellung.
Was kannst Du nun tun? Wie reagieren? Ich glaube ein offenes und ehrliches Gespräch sollte hier die Basis sein. Keine Vorwürfe wie: “Ich spritz mir die ganzen Hormone, ich hab die ganzen körperlichen Auswirkungen, bei mir fährt die emotionale Achterbahn tagtäglich, da kannst Du ja wohl…”, keine Bewertungen wie: “Stell Dich nicht so an.”, “Kann ja nicht so schwer sein.” und natürlich keine Beleidigungen. Dass es Dir den Boden unter den Füßen wegzieht, ist absolut nachvollziehbar. Aber zuviel hängt natürlich von Eurem Gespräch ab, deswegen solltest Du Dich emotional gut darauf vorbereiten, um nicht durch den eigenen Schmerz, verbal um Dich zu schlagen.
Frage Deinen Partner, wie es ihm geht. Wie fühlt er sich? Wie geht es ihm mit dem Kinderwunsch? Wie geht es ihm mit der ganzen Behandlung? Hat er irgendwelche Bedenken? Woran glaubt er, dass es liegt, dass er nicht kann oder nicht möchte? Wie kannst Du ihn unterstützen? Was könnt ihr gemeinsam tun? Was wünscht er sich von Dir?
Hier kannst Du Dir noch ganz viele Fragen vorab überlegen, denn unvorbereitet solltest Du dieses Gespräch besser nicht führen. Dein Partner wird selbst ebenso emotional verletzt sein und seine Entscheidung nicht leichtfertig getroffen haben bzw. hatte gar keine Chance zu einer Entscheidung. Hierbei solltest Du dann einen kühlen Kopf bewahren und emphatisch reagieren und agieren, um zu einer guten gemeinsamen Lösung zu finden.
Welche Lösung gibt es für Dein Glück
Welche Lösung es für Dein Glück gibt, kann ich Dir natürlich nicht beantworten. Das wird ein schwieriger gemeinsamer Weg mit Deinem Partner werden. Aber genau auf diesem Weg, bist sowohl Du, als auch Dein Partner selbstverantwortlich für das eigene Glück. Ihr müsst dann gemeinsam rausfinden, ob ihr gemeinsam glücklich sein könnt ohne Kind. Ob Euch eine Adoption glücklich machen kann. Oder ob hier Euer gemeinsamer Weg endet, da ihr keine gemeinsame Basis fürs glücklich sein, finden konntet. Der Weg beginnt mit einem offenen, ehrlichen und empathischen Gespräch, aber wie er endet ist absolut individuell und kann Dir keiner vorhersagen.
Jeder Mensch hat das Recht auf Glück
Was ich in all der Zeit meinem Herzen eingestehen musste, denn der Verstand wusste es schon lange: Jeder ist für sein Glück selbst verantwortlich und dies gilt auch beim Kinderwunsch, ohne: “Ja, aber…”. So schmerzlich die Entscheidungen dann vielleicht sein können, so muss der Weg dennoch gegangen werden, denn ebenso wie jeder Mensch selbst für sein Glück verantwortlich ist, gilt genauso:
Jeder Mensch hat das Recht auf Glück!
Alles Liebe
Tanja